Volleyball geht im Kopf los!

Letzter Erstliga-Einsatz von Micha Henke in Suhl

Details

Datum Uhrzeit Liga Saison
29. März 2025 17:15 Sonstiges 2024/2025

Ergebnisse

TeamErgebnis
Schmalkalder VVAbschied

Zusammenfassung

Abschied nach 24 Jahren Verrücktsein

Michael Henke prägt den Volleyball in Schmalkalden als Trainer und Funktionär beim Schmalkalder VV, ist aber auch weit über die Stadtgrenzen hinaus aktiv. Als Schiedsrichter reist er seit 2001 für die Volleyball-Bundesliga quer durch die Republik. Nun blickt Henke nach seiner Verabschiedung beim Heimspiel des VfB Suhl im Interview auf 24 Jahre und 510 Spiele zurück.
Kein Jahr ohne Ehrung für Micha Henke, so scheint es. Im Januar 2024 erhielt der Schmalkalder Volleyball-Funktionär und Trainer in Erfurt durch Bodo Ramelow den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. In seiner langjährigen Tätigkeit als Schiedsrichter wurde der 57-Jährige nun beim Frauen-Bundesligaspiel des VfB Suhl am vergangenen Samstag gebührend verabschiedet. Die Altersgrenze schrieb den Abschied aus der Bundesliga vor. Seit 2001 ist Henke nun bereits als Schiedsrichter tätig und kam dabei auf stolze 510 Einsätze.

Herr Henke, wie war für Sie die Verabschiedung?
Natürlich war es am Anfang zunächst mal emotional, wenn du weißt: Das ist hier dein letzter großer Auftritt. Ich hatte Ronny Ackermann, den Einsatzleiter der Bundesliga, gefragt, ob ich dort die Plattform bekommen könnte. Die erste Liga ist immer etwas besonderes, gerade in Suhl. Bei den Zuschauern, die kommen, kennst du über die Jahre fast jeden. Bundesliga pfeife ich nun seit 2001 und kenne auch alle Werdegänge und Trainer. Das war mir eine Herzensangelegenheit: Wenn schon ein letzter Bundesliga-Auftritt, dann sollte er in Suhl stattfinden.

Ein Abschied direkt vor der Haustür ist ja auch was Schönes.
Eigentlich wäre für mich schon vor zwei Jahren Schluss gewesen. Doch dann ist die 2. Liga Pro bei den Damen installiert worden und es fehlte an Schiedsrichtern. Daher hatte ich noch mal verlängern dürfen und aus einem wurden dann zwei Jahre. Aber jetzt ist definitiv Schluss. Drei oder vier Zweitliga-Einsätze habe ich nun noch, den letzten am 26. April in Gotha. Dann ist auch das rum, aber zum Glück gibt es ja noch die Dritte Liga und Regionalliga, da pfeife ich noch ein bisschen.

Die Altersgrenze ist also erreicht?
Genau, die liegt eigentlich bei 55. Ich bin nun 57 und habe das somit gut auskosten können. Aber warum es gerade in der Volleyballerei diese Regelung gibt und wer die eingeführt hat, das weiß ich nicht. Auch international gibt es eine solche Grenze, regional dann bis 60.

Verschwimmen bei über 500 Einsätzen die Erinnerungen oder fallen Ihnen die schönsten Erlebnisse noch ein?
Was richtig cool war, sind natürlich die Länderspiele. Ich hatte fünf davon hier in Thüringen, bei denen wir teils in Schmalkalden auch selbst Ausrichter waren. Und ich durfte auch mal zu einer Schüler-Weltmeisterschaft nach Serbien. Das sind Spiele, an denen man besonders hängt. Es gab schon ein paar Highlights, aber ich will es gar nicht an den Spielen festmachen, was kritisch oder schön war. Auch der Umgang der Spieler mit Schiedsrichtern war für mich immer wichtig. Du wirst mit Freundlichkeit begrüßt, im Fußball etwa ist das anders. Im Volleyball freuen sich beide Teams, dass du da bist. Das ist mir lieber, als wenn sie die Hände überm Kopf zusammenfalten und sagen „Ach, der schon wieder!“ Solche Situationen hatte ich zum Glück gar nicht.

In welcher Position waren Sie tätig und in welcher waren Sie am liebsten tätig?
Ich hab alles mal gemacht, ob als erster oder als zweiter Schiedsrichter, es zählt alles als Bundesliga-Einsatz, seit zwei Jahren auch als Challenge-Schiedsrichter bei der Videoauswertung. Dafür war ich auch beim letzten Spiel Suhl gegen Potsdam eingeteilt. Jede Tätigkeit hat seinen Reiz. Ich bin lieber der Entscheider, also erster Schiedsrichter. Unterschätzt wird die Tätigkeit des Zweiten, der hat immer ordentlich zu tun. Der Erste muss die Technik beurteilen, auch mal Sanktionen verteilen, ist mit seinem letzten Wort manchmal auch unpopulär. Das ist aber auch das Spannende, wie du deine Entscheidung verkaufst und dich präsentierst.

Gab es denn auch mal kuriose Vorfälle?
Kurios wird es immer, wenn der Ball vom Block abprallt und in Richtung Schiedsrichter fliegt. Das hatte ich mal in Erfurt und bin gerade noch reflexartig ausgewichen. Ein Fotograf hatte diesen Moment festgehalten und das Bild habe ich zum Saisonende geschenkt bekommen. Aber auch eine Begegnung in Leipzig mit den deutschen Nationalspielern Grozer oder Steuerwald, die dich als Thüringer begrüßen, weil du sie einst in der Jugend im Bundespokal gepfiffen hast. Das macht auch stolz, wenn man bei solch namhaften Sportlern Kratzer hinterlassen hat.

Was war denn die weiteste Reise, was war das stressigste Wochenende?
Die sind alle gleichermaßen stressig. Die weiteste Reise, die ich mit Volleyball hatte, ging nach Tahiti zu einer Schülerweltmeisterschaft. Da war ich allerdings eher als Trainer sowie als Betreuer einer Schiedsrichterin aus Berlin dabei. Als Schiedsrichter ging die weiteste Reise wohl nach Serbien.

510 Spiele in 24 Jahren, wie viele Kilometer sind da zusammengekommen?
Da ich sonntags ja stets noch in der Jugend unterwegs bin, fahre ich mit dem Auto zu den jeweiligen Bundesligaspielen. Seit ein paar Jahren werden die Kilometer digital erfasst, aber an eine Gesamtauswertung muss ich mich mal setzen. Im Schnitt dürften das so 2000 km pro Jahr sein. Dafür muss man schon ein bisschen verrückt sein, reich wirst du damit nicht. Da gibt es nicht die Gehälter, wie sie im Fußball bezahlt werden.

Gab es denn Schiedsrichter-Vorbilder?
Wer mich geprägt hat, ist Frank Leuthäuser aus Gotha, der viermal die Olympiade als Schiedsrichter begleiten durfte. Er wurde vom Deutschen Volleyballverband als bester Schiedsrichter des Jahrzehnts ausgezeichnet. Er ist vor zehn Jahren verabschiedet worden, wir haben heute noch ein freundschaftliches Verhältnis.

Welche Entwicklungen haben Sie in den 24 Jahren beim Volleyball beobachtet?
Es ist wissenschaftlicher geworden. Es geht viel über Scouting, sogar für die Schiedsrichter. Das war früher nicht so drastisch. Was ich festgestellt habe: In der Deutschen Vollball-Bundesliga ist die Handhabung gegenüber dem Internationalen ein bisschen höher, die Außenwirkung und das Reglement. Wer hier als Schiedsrichter besteht, der kann auch international Spiele leiten. Aber ich halte mich an die Devise: Der beste Schiedsrichter bist du dann, wenn sich nach dem Spiel keiner mehr an dich erinnern kann.
Das Interview führte Björn Eimer.

Ort

Sporthalle Wolfsgrube (Suhl)

Wolfsgrube 29, 98527 Suhl, Deutschland